Heute wird gemeckert:
Die politische Entscheidung zum Bau des Emssperrwerkes Gandersum Ende der
1980er und Anfang der 1990er Jahre war geprägt von der Notwendigkeit des
Schutzes der Bevölkerung vor Hochwassergefahren, insbesondere im Emsland.
Ausserdem war beabsichtigt, die wirtschaftliche Entwicklung zu fördern.
Die Rolle von damaligen politischen Akteuren und deren Zusammenspiel mit
einzelnen Unternehmen vor Ort kann man im Nachhinein diskutieren, muss man aber
nicht. Über die wirtschaftlichen Vorzüge für Unternehmen in
Minister-Wahlkreisen kann man auch diskutieren, muss man aber auch nicht.
2023 stellt sich die Situation an der Unterems für Naturliebhaber, Segler
und Touristen aufgrund o.a. politischer Entscheidungen und deren konsequenter
Umsetzung so dar:
Die Unterems insgesamt muss stetig ausgebaggert werden um zu gewährleisten,
dass eine Werft in Papenburg (Umziehen, z.B. nach Emden kam seinerzeit ja gar
nicht in Frage) ihre Schiffe ausliefern kann. Das Ausbaggern zahlt in diesem
Fall nicht die davon profitierende Werft.
Die Gezeiten haben sich verschoben, die Strömungsgeschwindigkeiten sind
hoch und in der Folge sind Flora und Fauna sowie deren
Entwicklungsmöglichkeiten schwer gestört. Wassersport in jeglicher Form ist
mittlerweile gefährlich denn amüsant.
Die Ems und ganz besonders die Unterems ist ein toter Fluss. Das ist breit
diskutiert und allen bekannt und um das zu ändern (und alles was man sich noch
so wünscht) gibt es den 2019 beschlossenen
Masterplan Ems 2050
Zusammengefasst geht es im Masterplan Ems 2050 darum, die ökologischen,
sozialen und wirtschaftlichen Potenziale der Ems-Region zu nutzen und
gleichzeitig natürliche Ressourcen zu schützen. Zu den zentralen Zielen zählen
unter anderem die Erhöhung der Lebensqualität für die Bevölkerung, die Stärkung
der Wettbewerbsfähigkeit der Region und die Sicherung des Natur- und
Umweltschutzes. Für die Umsetzung gibt es unterschiedliche Werkzeuge. Aus der
zugehörigen
Machbarkeitsuntersuchung zur Tidesteuerung mit dem Emssperrwerk
Gandersum
ergibt sich das u.a. mit dem Sperrwerk Gandersum eine Tidensteuerung machbar
ist um eine Umstellung des Systems in Richtung naturnäherer Verhältnisse an,
wie sie vor 1990 herrschten. Also man möchte ein Bauwerk, das zu einem Zweck
gebaut wurde (Hochwasserschutz) zu einem anderen Werkzeug umbauen
(Tidensteuerung).
Fühlt sich so an: Eine von wirtschaftlichen Interessen eines
Einzelunternehmens geprägte, umgesetzte Maßnahme hat sich als sehr teuer und
auch als falsch herausgestellt. Nun möchte man die Maßnahme weiterentwickeln um
die Symptome zu heilen. Geht’s noch?
Analog dazu ist so eine Überlegung zu einem anderen Thema passend: Die
negativen Effekte von Atomkraftwerken sind bekannt, breit diskutiert und
deswegen werden keine mehr in der BRD gebaut. Die jetzigen und zukünftigen
Aufgaben der Stromversorgung lassen sich nun aber gemäß der entsprechenden
Lobby dadurch lösen, dass man statt der wenigen großen, mehrere kleine AKW’s in
Betrieb gehen läßt. Geht’s noch?
Dabei wäre alles so leicht und tut niemandem weh: Einfach
mal eingestehen, dass die Fehler passiert sind und dann die Lösung noch einmal
angehen. Konnten andere auch schon ohne sich einen Zacken aus der Krone zu
brechen.
Eine Lösung der Probleme der völlig kaputten unteren Ems ist übrigens
denkbar einfach: Eine Werft dahin versetzen wo sie hingehört und zusätzlich die
Schiffe die einen Fluss befahren den Gegebenheiten des Flusses anpassen. Ist
auch viel billiger als 25 Jahre Ems ausbaggern und ein Sperrwerk, das in seinem
ursprünglich schon nicht nötig getan hätte, für viel Geld zu ertüchtigen.
Eine Korrektur und erneute, offene Diskussion in dieser Angelegenheit würden
allen nützen. Den Touristen, den Fischern, der Industrie, der Bevölkerung und
der Natur und ganz zuletzt auch den maritimsten Kleingärtnern.
Ja, klar ist das Eingestehen von Fehlern und Meinungsänderung für den/ die
einzelnen Entscheider unangenehm. Aber das erhöht die Glaubwürdigkeit der
Wählenden an die Gewählten. Das es daran hapert, sieht man in diesen Tagen ja
schon deutlich am Erstarken der braunen Rechtsradikalen mit ihren vermeintlich
einfachen Lösungen.
Genug gemeckert, sonst fang ich noch an über die „Wunderline“ und
den Zusammenhang mit der Fríesenbrücke in Weener zu sinnieren.
Kommentar verfassen